Interview

Frau Kaiser Rekkas, Sie wagen gemeinsam mit dem Carl-Auer Verlag ein interessantes Experiment: Die Herausgabe des wohl umfangreichsten Hypnose-Manuals, das jemals auf dem Markt erschienen ist. Warum kein Fachbuch, sondern diese ungewöhnliche „Verpackung“?

Agnes Kaiser Rekkas: Fachbücher gibt es viele und sehr gute. Es lag mir am Herzen, ein Grundlagenwerk zur Lehre der Hypnose und Hypnotherapie zu verfassen, einer Methode, die so schön wie erfolgreich ist, wenn sie klug angewendet wird. Die Darstellung der Lehre unterliegt immer einer gewissen Struktur und Darbietungsform, damit der Lernende und Praktizierende das Wissen möglichst schnell adaptieren und in sein Arbeitsfeld übertragen kann. Die besondere Form – handlich, groß, aus dem Ordner zu entnehmen und als Einzelblatt im Therapiesessel nutzbar, mit Möglichkeit, Eigenes zum Thema zuzufügen – ergab sich dabei auf vielfache Anregung der Teilnehmer an meinen Seminaren. Sie wünschten, Inhalte leicht finden, austauschen, aktualisieren oder als einzelne Lernschritte nutzen zu können oder bestimmte Tranceanleitungen einfach mal vom Blatt abzulesen. Und überall, bis hin zu den amerikanischen Kollegen, fand ich enorme positive Resonanz für diese Art der Präsentation.

Wer profitiert von diesem Werk am meisten?

Agnes Kaiser Rekkas: Es profitieren – auf unterschiedliche Weise, aber gleichermaßen – alle, die im Titel angesprochen werden:
Der Lernende, den das Hypnose-Manual durch seine Fort – und Weiterbildung begleitet, da es die im Curriculum gebotenen Inhalte vertieft und mit seinen vielen Trainingsanweisungen, Hypnosetechniken, Tranceanleitungen und Fallbeispielen zu intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema anregt, womit eine schnellere erfolgreiche Anwendung des Verfahrens ermöglicht wird, und zwar in allen Bereichen: Medizin, Zahnmedizin, Psychotherapie, Coaching und im Training von bestimmten Berufsgruppen wie Spitzensportler und Musiker.

Der Praktizierende wird im Hypnose-Manual natürlich vor allem im Praxisteil, dem Modul III, fündig. Alphabetisch geordnet findet er, nach einer Einführung zu dem Thema unter dem Aspekt der besonderen Vorzüge der Anwendung der Hypnose, zu unzählig vielen Einsatzgebieten maßgeschneiderte Interventionen und Tranceanleitungen, meist mit chronologischem Aufbau eines ganzen Therapieablaufes.
Ebenso wertvoll sind für ihn die Module I und II, da sie Wissen auffrischen und immer erneut Anregungen geben, z. B. für Aufbau von Rapport, Auffinden von Ressourcen, Arbeit mir inneren Dialogen, ideomotorische Feinarbeit, Umgang mit schwierigen Situationen. Vor allem die so wichtige Selbstreflexion im Supervisionsteil, der auch für die kollegiale Supervision Anwendung finden kann, leistet einen Beitrag zu der beruflich geforderten Qualitätssicherung.

Der Dozent erwirbt mit dem Hypnose-Manual ausführliches Grundlagenmaterial für seine Lehre. Die Module I und II bauen in abgestimmtem Miteinander von Theorie und Technik konsequent aufeinander auf und befähigen, die Methode mit ihrer immer ausgereifteren und komplexeren Vorgehensweisen präzise darzustellen. Im Modul III wird in großer Vielfalt der unerschöpfliche Reichtum der Anwendung in der Praxis auf über 600 Seiten dargestellt und kann leicht mit eigenem Spezialwissen aufgestockt werden. Das Kapitel zur erfolgreichen Planung und Gestaltung von Hypnoseseminaren vermittelt meine jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet.

Dürfen die Interessenten, worauf die Ordnerstruktur des Manuals hinweist, künftig noch Nachträge, Erweiterungen oder Ergänzungen erwarten?

Agnes Kaiser Rekkas: Das Hypnose-Manual ist allein schon durch seine Publikationsform hervorragend geeignet, aktualisiert zu werden. Das heißt, dass irgendwann überholtes Wissen und veraltete Techniken aus dem Hypnose-Manual entfernt werden. So ist es immer auf dem neuesten Stand, was neue Forschungsergebnisse und Interventionsmöglichkeiten anbelangt.

Sie sind Herausgeberin und haben zugleich einen erheblichen Anteil der Inhalte selbst beigesteuert. Was hat Sie dazu bewogen, nicht einfach ein neues Buch zu schreiben? Welchen besonderen Beitrag leisten Ihre Co-Autoren?

Agnes Kaiser Rekkas: Aufgrund meines Berufes als Therapeutin und mehr als 30 Jahren Lehrtätigkeit im In – und Ausland habe ich eine große Menge an Lehrmaterial verfasst. Diesen Fundus möchte ich hiermit als praktikables Arbeitsmaterial zur Verfügung stellen, auch für jüngere DozentInnen. Und da ich ein „flächendeckendes“ Hypnose-Manual, d. h. für möglichst alle Anwendungsbereiche bis zum Thema „Hypnose in der Forensik“ anbieten wollte, habe ich über 43 renommierte Dozenten, Referenten und KollegInnen eingeladen, aus ihrem hochqualifizierten Erfahrungsschatz und Fachwissen einen Beitrag zu leisten.

Der Einsatz der Hypnose in der Medizin oder in der Psychotherapie ist bei uns zum Glück geregelt. Das Manual kann ein Curriculum also nicht ersetzen. Welchen Mehrwert bietet es dennoch gegenüber Einzelpublikationen und Einführungsbüchern für angehende Hypnotherapeuten?

Agnes Kaiser Rekkas: Im Unterschied zu einer Sammlung an unterschiedlichen Fachbüchern zu Hypnose bildet das Hypnose-Manual in seiner strukturierten Gesamtheit die komplette Weiterbildung, wie sie etwa von der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) konzipiert und gelehrt wird, ab. Richtig ist, dass das Hypnose-Manual dennoch eine qualifizierte Fortbildung an einem von den seriösen Hypnosegesellschaften angebotenen Curriculum nicht ersetzen kann. Aber es ermöglicht durchaus ein Selbststudium, bevorzugterweise im Setting mit anderen engagierten KollegInnen, wenn eine große räumliche Distanz oder persönliche Faktoren eine Teilnahme an einem derartigen Curriculum behindern.

Ihr Manual eignet sich als Lehr- und Nachschlagewerk ebenso als Arbeitsbuch. Es enthält rund 400 Tranceanleitungen! Es ist geplant, noch Zusatzmaterial online zu veröffentlichen. Da drängt sich die Frage auf, welche Inhalte online angeboten werden könnten, die nicht bereits Teil der riesigen Materialfülle des Manuals selbst sind?

Agnes Kaiser Rekkas: Im Lernportal zum Hypnose-Manual soll vor allem Wissen vermittelt werden, das sich durch Lektüre allein nicht erschließen lässt.

Manches muss man hören! Die „Sprache“ der Hypnose besteht nicht nur aus gut gewählten Worten, sondern aus dem Klang der Stimme, der Intonation, der Ruhe oder auch Aufmunterung im Tonfall, die vermittelt werden soll, und vor allem aus den Pausen im Sprachfluss. Die Stimme des Therapeuten soll den Hypnotisierten tragen, beruhigen, anregen, verzaubern, ihm Schmerzen nehmen, ihn neugierig auf Veränderung machen. Das kann am besten im impliziten Lernen, im Erleben, also Hören, aufgenommen werden, weshalb es viele beispielgebende Audiodateien mit bewährten Tranceanleitungen in hoher Qualität geben wird.

Manches muss man sehen! Filme ergänzen in idealer Weise das Training von Hypnosetechniken. Z. B. das so wichtige „Ein- und Aussteigen“ des Therapeuten oder Coachs in und aus der Hypnose während des therapeutischen Prozesses oder beim Coachen. Das kann man beschreiben, aber es ist unerlässlich auch zu beobachten, wie der Therapeut/Coach in Bruchteilen von Sekunden selber in Trance geht, um seinen Klienten/Patenten besser zu erfassen, ihn zu leiten, zu halten und ihm den Weg in Hypnose zu erleichtern. Zudem sind manche hochwirksamen Techniken, wie z. B. das „Aussteigen aus der Symptomtrance“, tatsächlich etwas kompliziert, und das Sehen der Anwendung erleichtert die Adaption und vermittelt direkt die tiefe Wirksamkeit bei der Person, die im Film als Klient zu sehen ist.

Das Lernportal als Plattform – Zu dem bereits Erwähnten bietet das Lernportal eine hervorragende Möglichkeit der Präsentation immer neuer Inhalte, der Information über Veranstaltungen, Hinweise auf gute Publikationen zum Thema und aktuelle Forschungsergebnisse.